Beschreibung
Die Fünfzigerjahre sind die Dekade mit dem schlechtesten Ruf in der Nachkriegszeit. "Sie waren das muffigste und zu Recht vergessene Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts", heißt es Anfang 2005 in der monatlichen Kulturbeilage des Spiegel. An Schlagworten dieser Qualität herrscht kein Mangel. Die Autorin Heide Riedel schrieb vor einigen Jahren über den typischen Bundesbürger jener Zeit: "Er baute auf, aß sich einige Speckgürtel an, hörte dabei Radio, und als er satt war, reiste er." Piefig, miefig, spießig, lautet das weit verbreitete Klischee; und manch einer mag denken: Ein Glück, dass ich nicht dabei war. Es hat auch Versuche gegeben, die Ära sensibler zu verstehen und zu schildern. Klaus Harpprecht sprach einmal von der "radikalsten sozialen Umwälzung" seit dem Dreißigjährigen Krieg. Die Fenster und Türen zur Welt hätten sich geöffnet; die Wirklichkeit sei komplizierter gewesen als die von einem Buch ins andere, von einem Feuilleton ins nächste weiter geschleppten Klischees. Viele Menschen, die dabei waren, halten daran fest, dass ihre Fünfziger zwar in einigem den bis heute gängigen Gemeinplätzen ähnelten, aber gleichzeitig auch ganz anders waren. Die Jahre zwischen 1950 und 1960 bestanden nicht nur aus Restauration, Prüderie und Langeweile, sondern waren voll von heftigen Konflikten, kultureller Vielfalt, Lebensfreude und dramatischen Entwicklungen, die Deutschland grundlegend veränderten und bis ins dritte Jahrtausend fortwirken. Das galt für ganz Deutschland, wenn auch mit unterschiedlichen politischen Vorzeichen und Ergebnissen.